Sicheres Antriebssystem im Standardformat – Bislang waren Maschinenbauer beim Einsatz dynamischer Linearmotoren hinsichtlich der Gewährleistung der funktionalen Sicherheit weitgehend auf sich selbst gestellt. Jetzt steht erstmals ein Komplettpaket zur Verfügung, das diesen Schritt für Anwender deutlich vereinfacht: Der Linearmotorhersteller LinMot hat Sicherheitsmerkmale und einige neue Zusatzfunktionen direkt in Motor und Regler integriert und dabei auf eine Baugleichheit zu bislang bestehenden Produkten geachtet. Damit können sowohl neue als auch schon existierende Maschinenkonzepte gleichermaßen von den zahlreichen Vorteilen einer integrierten Sicherheitstechnik profitieren.
Insbesondere Produzenten von Handhabungs- und Montagetechnik, Verpackungsmaschinen sowie Lösungen zur Laborautomation aber auch vieler anderer Produkte schätzen Linearmotoren wegen ihrer Flexibilität und Dynamik. Gleichzeitig stellen die beim Betrieb der Motoren auftretenden hohen Beschleunigungen und Kräfte aber auch eine potenzielle Gefahr für das Bedienpersonal und die Maschinen selbst dar. Betroffene Antriebe müssen daher wirksam abgeschirmt oder von Sicherheitstechnik überwacht und bei einem Notereignis von ihr in einen sicheren Zustand gebracht werden, um Risiken im laufenden Betrieb zu minimieren und den Anforderungen der aktuellen Maschinenrichtlinie Genüge zu tun.
Die von Linearmotoren erreichbaren hohen Verfahr- und Beschleunigungswerte stellen die konventionelle Sicherheitstechnik jedoch in der Praxis vor kaum lösbare Herausforderungen. Zu den gängigsten und grundlegendsten Sicherheitsfunktionen gehört etwa das Trennen des Motors von der Stromversorgung (Safe Torque Off, STO). Je nach zu schaltender Leistung und verwendetem Relais differiert die dafür erforderliche Abschaltzeit. Sie liegt bei den im allgemeinen Maschinenbau verwendeten Motoren durchaus im Bereich von 20 bis 50 ms. Dies ist für Rotationsmotoren und die einfachsten STO-Funktionen, bei denen auf die Freigabe der Schutztür gewartet wird. im Normalfall ausreichend. Bei den dynamischeren Linearmotoren stellen diese langen Abschaltzeiten hinsichtlich der Safety jedoch ein Problem dar, da die Motoren bei den meisten funktionalen Sicherheitsfunktionen, wie Save Limited Speed, auch im sicheren Zustand bestromt sind und sie innerhalb von kürzester Zeit bereits hohe Verfahrgeschwindigkeiten entwickeln können. Es sind daher deutlich kürzere Reaktionszeiten erforderlich, um das geforderte Sicherheitsniveau zu erreichen. Dafür ist die Integration der erforderlichen Sicherheitsfunktion direkt in den Regler Voraussetzung. LinMot hat daher eine entsprechende integrierte Sicherheitslösung für seine Linearmotoren mit kleinstmöglichen Reaktionszeiten entwickelt und beim TÜV Nord zertifizieren lassen.
Neue Drives-Serie C1251 mit integrierten Funktionalen Sicherheitsfunktionen.
Ende des Jahres 2021 startet der Hersteller von industriellen Linearmotorsystemen mit der Markteinführung dieser neuen Servo-Drive-Serie C1251 mit integrierter Sicherheitstechnik. Zeitgleich bietet das Unternehmen die bekannten Linearmotoren der Serie P01 mit sicherem Gebersystem an. Zusammen bilden sie ein durchgängiges, zertifiziertes Gesamtpaket.
Damit steht Anwendern von Linearmotoren erstmals ein sicheres Antriebssystem zur Verfügung, wie es im Bereich der Rotationsmotoren schon länger üblich ist. Zeiten, in denen sie Produkte unterschiedlicher Hersteller kombinieren und die funktionale Sicherheit in allen Aspekten selbst gewährleisten mussten, gehören damit der Vergangenheit an. Die damit verbundene Reduzierung des Zertifizierungsaufwands für den Anwender ist nicht zu unterschätzen. Schließlich ist nicht jede Kombination aus einem sicheren Antrieb und einem sicheren Regler per Definition im Zusammenwirken sicher und der entsprechende Nachweis diffizil und arbeitsaufwändig. Bei LinMot ist dagegen das System bestehend aus sicherem Regler und sicherem Motor (inkl. Encoder) von Haus aus zertifiziert.
Bei der Realisierung der neuen Produktfamilien hat LinMot auf langjährig bewährte Motoren- und Reglerhardware zurückgegriffen, um Anwendern bestmögliche Technik an die Hand zu geben und die Integration in neue und bestehende Maschinenkonzepte zu erleichtern. So basiert die Drive-Serie C1251 auf der der Servo-Drive-Serie C1250 zugrundeliegenden Antriebstechnik. Um einen Generationswechsel möglichst einfach zu gestalten wurden die nicht sicherheitsrelevanten Softwarteile der bestehenden Regler für die neue C1251 Drive-Familie übernommen. Die neuen Sicherheitsfunktionen können mit der entsprechend erweiterten Konfigurations-Software LinMot-Talk hinzugefügt werden. Sie sind somit direkt im Regler integriert und benötigen keine zusätzliche Hardware, was kürzere Inbetriebnahmezeiten und höhere Wirtschaftlichkeit durch effizientes Engineering und geringeren Verdrahtungsaufwand bietet.
Auch bei den Linearmotoren konnten die kompakte Bauform und die zulässigen Betriebsbedingungen trotz des erforderlichen zusätzlichen sicheren Gebersystems beibehalten werden, da LinMot das bewährte LinMot-Gebersystem speziell für diese Motoren gemeinsam mit dem TÜV-Nord für die Sicherheitsanwendung fit gemacht hat. Damit können Maschinenbauer mit minimalem Zusatzaufwand nebeneinander Maschinen gleicher Bauform mit und ohne Sicherheitsfunktionen besonders kosteneffizient anbieten.
Sichere und „graue“ Antriebslösungen unterscheiden sich bei LinMot weder in der Bauform noch dem Platzbedarf.
Der Linearsystemhersteller hat bei der Weiterentwicklung der Drives zudem darauf geachtet, die Handhabung der Drives noch einmal deutlich zu vereinfachen.
So ist es jetzt möglich, die verwendete Schnittstelle für die Kommunikation mit der Maschinensteuerung per Software zu definieren. Maschinenbauer müssen so für verschiedene Kundenkreise nicht mehr verschiedene Drives oder Kommunikationsmodule vorrätig halten. Pflichtenhefte, die die Verwendung unterschiedlicher Kommunikationsprotokolle bzw. Maschinensteuerungen vorsehen, werden mit nur einem einzelnen Artikel realisiert. Ein Drive deckt standardmäßig alle gängigen Busse wie PROFINET, EtherCAT, Ethernet IP, sercos oder POWERLINK ab.
Die sicherheitstechnische Einbindung der Drive-Motor-Kombination erfolgt über sichere Busverbindungen. Den Anfang machte LinMot mit PROFIsafe. Weitere sichere Profile wie Safety over EtherCAT und CIP-Safety sind in Arbeit oder befinden sich bereits im Zertifizierungsprozess. Alternativ können bis zu zwei der integrierten Sicherheitsfunktionen von der Sicherheitssteuerung über sichere, digitale I/Os aufgerufen werden.
Neben diesen zusätzlichen sicheren I/Os haben die LinMot-Ingenieure die Drives der Serie C1251 mit einem Flash-Card-Steckplatz ausgestattet. Auf der passenden SD-Card wird die Drive Konfiguration inkl. der Konfiguration für die Sicherheitsfunktionen abgelegt, die beim Einstecken der Karte von dem Drive geladen werden kann. Entsprechend einfach lässt sich die Antriebshardware bei Bedarf ohne Datenverlust tauschen bzw. lassen sich neue Drives mit der gewünschten Software bespielen: Einfach die Flash-Card mit dem gewünschten Datensatz in den Regler einsetzen. Beim nächsten Start können die Daten eingelesen werden. Der Anschluss eines Computers oder die Software LinMot-Talk werden für diesen Vorgang nicht benötigt, was Wartungs- und Produktionsprozesse vereinfacht und beschleunigt. Auch die Validierung der Sicherheitskonfiguration kann durch die manuelle Eingabe der Checksumme über spezielle Drehschalter direkt am Drive ohne PC vor Ort erfolgen.
Per Software wählbare Kommunikationsprofile und eine SD-Karte für die Datensicherung reduzieren Lager-, Logistik- Ersatzteil- und Servicekosten.
Seit 1997 setzt LinMot bereits auf eine Einkabellösung für die Verbindung von Drive und Motor. Diesem bewährten Konzept folgt das Unternehmen auch bei seiner Sicherheitslösung. So ist das schon im Rahmen der Vorgängergenerationen verwendete Power- und Signalkabel Bestandteil des Sicherheitspaketes und es kann auf spezielle Kabel verzichtet werden. Der Anwender von LinMot-Motoren muss sich daher auch bei sicheren Antrieben nicht mit einem separaten Kabel für das Gebersignal und einem für die Leistung inklusive der erforderlichen Stecker auseinandersetzen. Entsprechend geringer fallen die aufzubringenden Kosten und der Aufwand für das Engineering, die Montage sowie die Lagerhaltung und Wartung aus. Zusätzliche positive Aspekte sind ein reduzierter Platzbedarf, weniger Fehlerquellen und damit eine höhere Anlagenverfügbarkeit.
LinMot hat mit der integrierten Sicherheitslösung sein umfassendes Produktsortiment für lineare und rotative Bewegungen optimal erweitert. Anwender profitieren von einem Komplettpaket für die Implementierung linearer Bewegungen, das den Aufbau und die Zertifizierung sicherer Antriebssysteme deutlich beschleunigt. Zu den weiteren Vorteilen zählen kurze Reaktionszeiten, weniger Verschleiß durch Wegfall mechanischer Komponenten sowie ein geringerer Platzbedarf der Implementierung und nicht zuletzt eine höhere Ausfallsicherheit der Maschine. Die Integration der Sicherheitsfunktionen wirkt sich damit unmittelbar auf die Gesamtbetriebskosten einer Maschine aus. Im ersten Schritt hat LinMot dieses Konzept bei seinen Standardlinearmotoren umgesetzt. Schrittweise werden ab 2022 die restlichen Antriebe aus dem umfangreichen Produktprogramm wie Hubdreh-Motoren oder Linearmodule folgen.