Vorschau zur IFFA 2022: Vertikal-Slicer für gegarte Fleischprodukte – Gegarte Geflügelbrustfilets so in dünne Scheiben zu schneiden, dass die natürliche Form des hochwertigen Produkts erhalten bleibt, war bisher automatisiert nicht möglich. Der Spezialist für Geflügelfleisch-Slicer, Food Technology Thielemann, hat jetzt als Weltneuheit eine Lösung für diese Aufgabe vorgestellt. Schlanke Edelstahl-Linearmotoren im Hygienedesign von LinMot bilden die Basis für die einfach gehaltene Konstruktion, die hohe Energieeffizienz und die Performance des Vertikal-Slicers im höchsten Leistungsbereich.
„Mit einem einfachen Messer ein hartgekochtes Ei aufzuschneiden und dabei dessen Form zu bewahren, ist kaum möglich“, sagt Ulrich Thielemann, Gründer der Food Technology Thielemann GmbH & Co. KG. „Mit einem Eierschneider gelingt das dagegen problemlos.“
Von diesem kleinen – auch als Eierharfe bezeichneten – Küchenhelfer hat sich der Fachmann für den Vertrieb und die Konstruktion von Hochleistungsmaschinen für die Verarbeitung von Geflügelbrustfiles bei der Entwicklung seiner neuesten Maschine inspirieren lassen: Wie das Ei in die Aussparung des Eierschneiders wird das Hühnerbrustfilet zum Schneiden in einen Produktträger mit Schlitzen für die Schneidemesser gelegt. Mit diesem wird das Fleischstück auf einer Förderkette in die Schneideeinheit transportiert. Im Unterschied zum Eierschneider kommen allerdings für das Schneiden des Fleisches keine Drähte, sondern 14 oszillierende Messer zum Einsatz. Nach dem Ausschleusen wird auf den Produktträger das Verpackungs-Tray aufgelegt, gewendet und einer Verpackungsmaschine zum Versiegeln zugeführt. Dieser Ablauf stellt sicher, dass die natürliche Form der Geflügelbrust auch geschnitten und verpackt bis zum Verzehr erhalten bleibt.
Sieben Linearmotoren bilden das Herzstück der (hier hochgeklappten) Schneideinheit mit 14 Messer. (Foto: Thielemann)
Überfordert: Konventionelle Vertikal-Slicer
„Fleischstreifen für Portionspackungen, wie sie in jedem Supermarkt zu finden sind, werden üblicherweise mit Vertikal-Slicern geschnitten. Diese mit Kreismessern, Sichelmessern oder oszillierenden Messern ausgestatteten Maschinen sind aber für den oben geschilderten Zweck nicht geeignet“, erklärt Thielemann. Selbst in Verbindung mit einem Produktträger mit einer passenden Aussparung für das Schnittgut lässt sich die Aufgabe nicht lösen, wie der Fachmann für Fleischverarbeitung klarstellt: „Es bedarf 14 parallel arbeitender Messer, um bei einer durchschnittlichen Filetlänge von 160 mm 10 mm dicke Scheiben zu erhalten. Bei der Verwendung von Kreismessern, mit einer Blattstärke von mindestens 2,5 mm, ergäbe das eine Gesamtverdrängung von 35 mm. Das Fleisch würde dabei beim Schneiden zwischen den Messern hängen bleiben bzw. durch sie zerrissen.“
Produktträger mit einer Aussparung in Form des Schnittguts sorgen für den Erhalt der ursprünglichen Form des Schnittguts. (Foto: Thielemann)
Form und oszillierende Messer in Kombination
Thielemann setzt daher und auch wegen der damit erreichbaren Schnittqualität auf oszillierende Messer, die eine Schneidbewegung wie eine Stichsäge ausführen. Die dafür benötigte lineare Bewegung lässt sich unterschiedlich erzeugen. Traditionell wird die lineare Bewegung in Maschinen mit oszillierenden Messern mit rotativen Motoren und Exzenterscheiben oder Nockenwellen implementiert. „Wir sind aber immer bestrebt, unsere Maschinen weiter zu optimieren und dazu gehört eben auch ein möglichst einfacher und robuster Aufbau“, fügt Thielemann an. „Mir schwebte daher eine Antriebslösung vor, die eine lineare Bewegung ohne Getriebe ermöglicht.“ Für den Prototypen hatte der Konstrukteur daher Luftmotoren vorgesehen, verwarf diese jedoch wieder wegen der Nachteile für die Nullserie: „Wir konnten die benötigte Linearbewegung zwar mit diesen Antrieben umsetzen, allerdings waren die Lärmemissionen mit über 90 dB und der Druckluftverbrauch von bis zu 250 Liter pro Minute und pro Messer einfach viel zu hoch.“
Entsprechend hellhörig wurde der Maschinenbauer, als LinMot im Herbst 2020 seine neuen SSCP-Motoren vorstellte, die dediziert für den Einsatz im Lebensmittel- und Pharmabereich ausgelegt sind. Sie sind dem Zweck entsprechend aus Edelstahl 1.4404 (AISI 316L) gefertigt, weisen die Schutzklasse IP69 auf und sind mit FDA-zugelassenen Polymerlagern ausgestattet.
Gründer Ulrich Thielemann und Vertriebsspezialist Michael Glaser geben der neuen Senkrechtschneidemaschine den letzten Schliff vor der Auslieferung an den ersten Kunden. (Foto: Thielemann)
Einfache Maschinenkonstruktion durch schlanke Linearmotoren
Zu den neuen Motoren gehört auch die Variante PS01-23x160H-HP-SSCP-R20 (Stator), die Thielemann wegen der extrem schmalen Bauform und der hohen Antriebskraft für seine neue Maschine wählte. Insgesamt sieben Linearmotoren sind auf zwei versetzte Reihen aufgeteilt und oberhalb der Produktebene verbaut: „Der kleine Durchmesser von 28 mm hat es uns ermöglicht, die Motoren so eng nebeneinander zu platzieren, dass wir Scheibenbreiten von 10 mm ohne jegliches Gestänge erhalten“, erläutert der Firmengründer. Dabei reichte der Platz noch aus, um die Motoren mit einem umgebenden Metallrohr befestigen zu können. Dies war aber auch nur möglich, da die Motornennkraft von 21,5 N und die maximale Antriebskraft von 138 N problemlos ausreichten, um jeweils zwei Messer auf jeden der eingesetzten High-Performance-Läufer vom Typ PL01-12×230/190-HP-W01 montieren zu können.
Die SSCP Edelstahl-Linearmotoren sind nicht nur extrem kompakt und leistungsstark, sondern verfügen auch über ein exzellentes thermisches Verhalten. Thielemann kommt daher bei der Maschine mit einer einfachen Luftkühlung aus: „Da für konventionelle Kühlkörper kein Platz ist, pumpen wir durch das die Motoren teilweise umgebende Installationsrohr Druckluft mit 0,5 bar. Das reicht aus, um die Motortemperatur bei den üblichen Umgebungstemperaturen in fleischverarbeitenden Betrieben von etwa 5 Grad Celsius im Dauerbetrieb sicher unter 60 Grad Celsius zu halten.“
Optimale Anwendung für Linearmotoren: Servoregler mit integrierter Sicherheit und Stromversorgungsmodule von LinMot. (Foto: Rossmann)
60 Filets pro Minute
Die damit erreichte Gesamtleistung der Maschine kann sich sehen lassen: Mit 20 Schneidhüben à 8 mm pro Sekunde schafft die Maschine 3.600 Filets pro Stunde. „Wir liegen damit im höchsten Leistungssegment von Slicern. Die Motoren hätten sogar noch höhere Schnittleistungen erlaubt, aber das Handling der Filets sowie die vor und nachgelagerten Prozesse wie etwa die Verpackung setzen uns hier faktisch die Grenzen“, macht Thielemann deutlich.
Die Ansteuerung der Motoren übernehmen sieben Servoregler vom Typ C1100-GP mit integrierter STO-Funktion (Safe Torque Off). Eine separate Steuerung mit Bedieneroberfläche ist derzeit nicht vorgesehen. Die Parametrierung der Antriebe haben die Ingenieure von LinMot in enger Zusammenarbeit mit Thielemann übernommen, der die Qualität des Services lobt: „Die Unterstützung war wie schon bei einem Vorgängerprojekt vorbildlich und die Zusammenarbeit hat selbst in Corona-Zeiten hervorragend geklappt.“ Somit konnte die Maschine innerhalb weniger Monate geplant und gebaut werden. Der erste Anwender der Maschine ist ein Geflügelbetrieb aus dem Vereinigten Königreich. Das Unternehmen, das auch den Anstoß für die Entwicklung gab, hat damit sein Angebot bei Fertigprodukten um ein hochwertiges und bis dato nicht produzierbares Convenience-Produkt in Bioqualität erweitert.
Hier spiegelt sich die Positionierung der Maschine wider: Das Schneiden gegarter Ware für Fertigprodukte im Delikatessenbereich. Entsprechend groß ist das Marktpotenzial der neuen Maschine, ist Thielemann überzeugt: „Die denkbaren Einsatzmöglichkeiten sind fast grenzenlos. Der Trend zu hochwertigen Convenience-Produkten hält an. Das spielt uns hier in die Karten.“ Das Unternehmen hat die Maschine denn auch ins Zentrum seines Messeauftritts auf der IFFA 2022 gerückt.